Ungenügende Lehrerausbildung in Luxemburg?! (Luxemburger Wort)
30. Juillet 2005Briefe an die Redaktion
Carlo Grethen
In sämtlichen Ländern der europäischen Union, außer Belgien, Österreich und Luxemburg dauert die Lehrerausbildung 4 Jahre. Am 18. März 2005 hat sich de Unterrichtsministerin offen für eine Verlängerung der Lehrerausbildung ausgesprochen. Damit folgt Mady Delvaux-Stehres auch der Ansicht der Universität Luxemburg, ein dreijähriger Bachelor-Lehrgang reiche angesichts der schwierigen Bedingungen und Sprachensituation vom akademischen Standpunkt her nicht aus.
Als Lehrer, der tagtäglich mit diesen Problemen (Integration von Behinderten, Kindern mit extremen Lerndefiziten, ADS und Legasthenie, verhaltensgestörten und aggressiven Schülern, Haltungsproblemen und Übergewicht u.v.m.) zu tun hat, wünsche ich mir seit längerem eine Ausbildung, die auf diese immer vielfältigeren und komplexeren Probleme vorbereitet. Meine Frage lautet: Wer oder was blockiert diese längere differenzierte und spezialisierte Ausbildung der Grundschullehrer?
Die Lehrer selbst? Nein, denn beide Lehrergewerkschaften haben sich für die Variante der Unterrichtsministerin ausgesprochen, und viele Lehrer besuchen freiwillig Fortbildungskurse und versuchen so, sich der immer komplizierteren Schulsituation anzupassen. Die Eltern? Nein, denn ihnen liegt ohne Zweifel an gut ausgebildeten, brevetierten Lehrern, die ihre Kinder individuell und optimal unterstützen können. Die Politiker? Nein, denn sämtlichen Deputierten, gleich aus welcher Partei, ist doch klar, dass eine Investition in Bildung eine Investition in die Zukunft des Landes ist. Vom wirtschaftlichen Standpunkt aus sind gut ausgebildete Schüler ein großer Pluspunkt für den Standort Luxemburg, viele unqualifizierte Schüler ohne Schulabschluss aber eine Katastrophe. Also bite nicht die Veröffentlichung von PISA 4 oder 5 abwarten, sondern die Ausweitung der Lehrerausbildung jetzt in Angriff nehmen.
Carlo Grethen
Lehrer in Luxemburg
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