Communiqué du SEW: Nach PISA II – Das SEW fordert grundlegende Reformen

17. Décembre 2004



Die letzte Woche veröffentlichten PISA-Test-Ergebnisse zeigen unserer Meinung nach, dass das luxemburgische Schulsystem weiterhin stark reformbedürftig ist.

Die Resultate haben sich zwar im Vergleich zu PISA I vor vier Jahren leicht verbessert, doch ist dies wohl hauptsächlich der seriöseren Durchführung der Test-Operationen zuzuschreiben. Angesichts der insgesamt schlechten Positionierung unseres Landes kann man natürlich Kritiken abwimmeln, indem man argumentiert, die PISA-Test-Fragen seien zu pragmatisch auf konkrete marktbezogene Kompetenzen ausgerichtet, oder unsere Schüler gelangten in unserem System erst später zur vollen Reife. So bleibt man zwar mit der heilen Welt des luxemburgischen Schulsystems der siebziger Jahre im Einklang, erscheint allerdings vor der Öffentlichkeit als unbelehrbar und unglaubwürdig, und erweist so der öffentlichen Schule und seinem Lehrpersonal einen Bärendienst.

Das Syndikat Erziehung und Wissenschaft - SEW ist sich durchaus bewusst, dass insbesonders wegen des hohen Ausländeranteils und der schwierigen Sprachensituation unsere Schule mit größeren Problemen zu kämpfen hat als andere. Das heisst aber nicht, dass damit gravierende Mängel der Unterrichtsinhalte und -Methodik, sowie der personellen und materiellen Ausstattung unter den Teppich gekehrt werden sollten!

Das Gegenteil ist der Fall: gerade wegen der höheren Anforderungen setzen wir uns als Lehrer- und Professorengewerkschaft seit Jahren für mehr qualifiziertes Personal und höhere Ausbildungs- und Weiterbildungsstandards ein! Wir fordern ebenfalls seit Jahren neue Methoden und Inhalte, sowie ein Umkrempeln des Bewertungssystems, und möchten auch hier wiederum betonen, dass Länder mit Gesamtschulstrukturen bis zum Alter von 15 Jahren beim PISA-Test besser abschneiden als Länder mit einem frühen dreigliedrigen Schulsystem wie dem unseren.

Niemand kann die gravierenden Leistungsunterschiede zwischen den Schülerinnen und Schülern des klassischen Sekundarunterrichts und denen des technischen Sekundarunterrichts, welche die soziale Herkunft der jeweiligen Schulbevölkerung wiederspiegeln, leugnen. Niemand kann auch die überdurchschnittlich hohe Anzahl von Schülern im unteren Notenbereich und eine zu niedrige im oberen Bereich ignorieren. Selbst wenn man von dem menschlichen Unglück, die ein schulisches Versagen solchen Ausmaßes mit sich bringt, absehen würde, ist dies auch von einem wirtschaftlichen Standpunkt her in der modernen Wissensgesellschaft nicht zu verantworten.

Wir möchten uns deshalb für grundlegende Veränderungen in unserem Schulsystem einsetzen! Unsere mittelfristigen Forderungen lauten:
- Massiv in die ersten Schuljahre investieren!
- Den differenzierten Unterricht fördern!
- Die Methoden und Inhalte anpassen!
- Die Autonomie und die Zusammenarbeit der LehrerInnen und ProfessorInnen ausweiten!
- Die Eltern besser einbeziehen!

Angesichts der großen Probleme, mit denen es sich tagtäglich auseinandersetzen muss, will die große Mehrheit des Lehrpersonals sicher nicht alles beim Alten lassen.

Dass es angesichts manch fehlgeschlagener Reformprojekte der letzten Jahre allerdings skeptisch ist und Richtung und Inhalte mitbestimmen will, scheint uns normal.

Das SEW ist jedenfalls gewillt, konkrete Initiativen des MENFP in die eben vorgeschlagene Richtung zu unterstützen.

Mitgeteilt vom SEW/OGB-L
Luxemburg, den 14. Dezember 2004