Reform der Lehrerausbildung: Niemand fühlt sich zuständig (tageblatt)
18. Février 2005Alex Fohl
Die wichtige Reform der Lehrerausbildung scheint derzeit in einer Sackgasse zu stecken. Niemand will sich so recht Farbe bekennen. Dabei soll der reformierte Lehrgang bereits im Herbst anlaufen. Die Zeit drängt.
Wichtige Vorarbeit zur Reform, der Lehrerausbildung wurde im Vorfeld bereits geleistet - sowohl auf Fakultätsebene als auch im Unterrichtsministerium, das ein Lehrerprofil mit seinen Vorstellungen vorgelegt und an die Universität weitergereicht hat. Nun liegt der Ball beim Hochschulministerium.
Knackpunkt Ausbildungsdauer
Doch der zuständige Minister François Biltgen wiegelt ab. Was die Ausbildung der Grundschullehrer angehe, sei es nicht am Hochschulministerium zu sagen, was gebraucht würde, so Biltgen dem Tageblatt gegenüber. Strittiger Punkt scheint nach wie vor die Ausbildungsdauer zu sein. Fakultätsdekan Lucien Kerger zufolge reichen die bisherigen drei Jahre nicht aus, um den Anforderungen eines, angemessenen Lehrgangs gerecht zu werden. Das Universitäts-Gesetz lässt diesbezüglich einen gewissen Spielraum zu. Möglich wären 180 bis 240 ECTS-Kredite. Laut Bologna-Prozess sind für einen Bachelor- Lehrgang in der Regel 180 Credits vorgesehen, das entspricht einer Ausbildungsdauer von drei Jahren. Bindend sei diese Richtlinie aber nicht, so Lucien Kerger, Dekan der .Fakultät für Sprachwissenschaften und Literatur, Geisteswissenschaften, Kunst und Erziehungswissenschaft der Uni Luxemburg.
Brisant ist die Reform der Lehrerausbildung auch deswegen, weil Gehälter- und Karrierefragen daran gekoppelt sind. Damit wäre auch das Ministerium des Öffentlichen Dienstes mit im Spiel, in dessen Zuständigkeitsbereich bekanntlich die Staatsgehälter fallen.
LSAP-Fraktionschef Ben Fayot zufolge sollte das Thema auch unabhängig von Gehälter- und Karrierefragen diskutiert werden. Einen ähnlichen Standpunkt vertrat bereits die ehemalige Hochschulministerin Erna Hennicot-Schoepges, die ihre politische Tätigkeit ins Europaparlament verlagern musste.
Auch die Universität hält sich bedeckt
Nun scheint die Universität am Zug. 1m Rahmen der ihr zugestandenen Autonomie. müsste sie eigentlich Inhalt und Dauer der Grundschullehrerausbildung festlegen können. Doch auch die Uni hält sich in dieser Frage noch bedeckt. Bislang haben sich weder Verwaltungsratspräsident Raymond Kirsch noch Universitätsrektor Rolf Tarrach aus dem Fenster gelehnt. Derzeit sei dies nicht opportun, so der Sachbeauftragte des Rektors, Guy Poos, dem Tageblatt gegenüber. Es sei nicht an der Universität, vor den Wagen zu springen.
Die Entscheidung liege beim Arbeitgeber, so Poos, der eine nationale Debatte anregte. Die Universität werde keine Entscheidung treffen, bevor sie sich mit den anderen Partnern konzertiert habe. Dies solle aber so bald wie möglich passieren, räumte der Verwaltungssekretär der Uni ein. Einen genauen Zeitpunkt nannte Poos indes, nicht. Die Entscheidung stehe oben auf der Prioritätenliste. Ihr liege ein umfassendes Problem zugrunde, das nicht allein von der Universität gelöst werden könne, so Poos' Verweis auf die Politik und den Arbeitgeber Staat.
Lucien Kerger umriss die Herausforderung für Luxemburg gestern so: Wollen wir eine leistungsfähige Schule und mehr Qualifikation, und was darf das kosten? Am gleichen Punkt seien andere Länder vor 20 bis 25 Jahren angelangt.
Der PISA-Spitzenreiter Finnland hat sich jedenfalls klar für einen Ausbau der Lehrerausbildung auf fünf Jahre - ein so genannter Master-Lehrgang - ausgesprochen. Mit Erfolg.